Ich heiße Angelika Zörnig, bin Jahrgang 1948 und liebe Bücher und "Mon Cherie". Diese Kombination ist unschlagbar, besonders wenn es sich um Biografien, Familienromane, Psychodramen, Kurzgeschichten, Novellen und Lyrik handelt.
Ansonsten gehe ich leidenschaftlich gern ins Theater und ins Kino oder beschäftige mich mit Märchenerzählen. Ich arbeite als Honorarkraft an einer Hamburger Grundschule. In dieser schönsten Stadt der Welt bin ich auch geboren und habe den größten Teil meines Lebens dort verbracht.
Die Rezensionen werden von Stephi abgetippt.
Peter Heine – Köstlicher Orient. Eine Geschichte der Esskultur
Verlag: Wagenbach
Seitenzahl: 240
Teil einer Reihe?: Nein
Inhalt: Zuerst war ich enttäuscht: Ich hatte ein orientalisches Kochbuch erwartet mit appetitanregenden Bilder der Opulenten Küche des Orients. Doch weit gefehlt: Zwar gibt es Rezepte, die, außer dass sie hellgrau unterlegt sind mit zauberhaften Miniaturen von Menschen und Tieren gekennzeichnet sind, aber ansonsten steht die Esskultur im Vordergrund und das Bekanntmachen mit den orientalischen Küchen. Und das ist wirklich lesenswert!
Rezension: Wie immer ist die Umschlaggestaltung zauberhaft: ein in Blautönen gehaltenes Mosaik aus dem Orient, dazu ein dunkelblaues Lesebändchen, das auch dringend notwendig ist. Der Autor schildert so viele Richtungen der orientalischen Esskultur, die dem Laien – wie mir – fremd sind aber höchst informativ und erstmal im wahrsten Sinne des Wortes verdaut werden müssen. Mit dem Buch hält man eine Kulturgeschichte in der Hand, die garniert ist mit Kochrezepten, Aufschluss gibt über Gewürze und Zutaten, Essgewohnheiten, Köche und Köchinnen und die regionalen Unterschiede in der orientalischen Küche, so z.B. die arabische Küche, die osmanische, die persische, die Moghul Küche. Abgerundet wird die einzigartige Kultur durch einen Exkurs darüber, was Politik und Wirtschaft mit den Speisen zu tun haben. Klingt theoretisch liest sich aber wie das ganze Buch höchst unterhaltsam. Schön ist auch, dass man die einzelnen Abschnitte, acht an der Zahl, nach eigener Neugier lesen kann und das ohne Verständnisverlust, weil man das vorherige Kapitel nicht gelesen ha. So bin ich gleich mitten rein gesprungen in das Kapitel Döner und Falafel – Orientalische Küche in Europa und wurde bestens informiert und kurzweilig unterhalten. Man erfährt auch im Schlusskapitel, dass bei Tisch witzige Anekdoten über Essen und Trinken, Gedichte darüber und die Kochkunst selbst üblich sind. Besonders kurze Gedichte werden gern rezitiert und es entwicklen sich spontan Wettbewerbe, wer die meisten Gedichte aufsagen kann. Hier ein Beispiel:
Sonne Mond und Sternespiegeln im Flusswasser sich gerne.Dann werden die Sonne ein Brot und die Sterne Eierund der Vollmond ein Büffels im Weiher.
Im Anhang befinden sich ein Verzeichnis der Rezepte (z.B. ein Fischrezept, bei dem der Kopf gebacken, die Mitte gekocht und der Schwanz frisiert wird!), eine alphabetische Zutatenliste, eine Zeittafel von der Entstehung des ersten muslimischen Staates (622) bis zur Entkolonialisierung der muslimischen Staaten 1945 -1955 und Empfehlungen zum Weiterlesen und Kochen. Ein rundherum gelungenes Buch.
Irmgard Schreiner – Such mich im Gegenwind. Gedichte
Verlag: Frieling Verlag Berlin
Seitenzahl: 51
Teil einer Reihe?: Nein
Inhalt: Ein schmales Gedichtbändchenmit einem dem Titel angepassten Gemälde con Casper David Friedrich: offensichtlich gemächlich gleitet ein altes Segelboot mit zwei ruhenden, zum Horizont blickenden Menschen dahin, keine Hektik, eher sinnliche Gelassenheit. Die Gedichte drehen sich ebenso fast wehmütig um Liebe und Krieg, Leben, Abschied und Verstehen des Lebens. Zitat: „… weg vom Hasten, Alltagsjagen, hin zu wesentlichen Fragen, ich kehre heim vom Schein.“ 45 Gedichte der Autorin haben so neugierig machende Überschriften wie: Mond, ins Zimmer geholt; Patientenschleuse; treulose Blume, vielerlei Schuhe und Ayslant. Die Titel verdeutlichen schon das breite Spektrum der Inhalte: Momentaufnahmen und Sinnfragen.
Rezension: Es tut tatsächlich gut, einmal wieder Gedichte und nicht nur Bestseller zu lesen. Man hält bei der Lektüre tatsächlich inne. Manche Gedichte . für mich die Schöneren wie z.B. „Ein Traum“ erinnern in Form und Inhalt an alte Balladen. Andere empfinde ich als etwas überfrachtet in der Auswahl der Adjektive und Bilder. Insgesamt aber eine Sammlung aktueller Gedichte, die auch wiederholtes Lesen lohnt.
Inhalt: Natalie Ginzburg, eine italienische Schriftstellerin, hat zu ihren Lebzeiten leidenschaftlich am öffentlichen Leben teilgenommen, sich eingemischt und über Dinge geschrieben, die ganz intensiv ihre Empfindungen ausdrückten. 2016 jährt sich ihr Geburtstag zum 100. Mal und deshalb wurde einige ihrer Texte als Anthologie erneut herausgebracht. Wie immer ist das Buch liebevoll gebunden und ein optischer und taktiler Genuss. In den Texten geht es um prägende Lebenserfahrungen in allen Lebensaltern. Wie geht es zu unter Menschen, die sich gern haben, aber in schwierigen Zeiten leben? Warum man die großen Tugenden den kleinen vorziehen soll und besonders deutlich in der letzten Geschichte, die Freigebigkeit der Sparsamkeit gegenüber stellt und deren Auswirkungen metaphorisch auf den Charakter der Kinder beschreibt.
Rezension: Das Buch ist unterteilt in einen ersten Teil, der wohl sehr autobiografisch ist und einen zweiten, der allgemeinere Betrachtungen über menschliche Beziehungen und Entwicklungen festhält. Die einzelnen Kapitel sind umwerfend! Geprägt von einer direkten soliden und doch vielschichtigen Sprache schildert die Autorin seelische Befindlichkeiten, die jeder kennt aber selten mit so einer Klarheit vorgehalten bekommen hat. Es geht nicht um die „großen Tragödien“ sondern um kleine Gedanken, die man immer schon hatte, aber die selten so präzise geschildert wurden. Beispiel: jeder kennt den Wunsch sich durch die Anerkennung beliebter Schulfreunde dazugehörig zu fühlen, aber Natalia Ginzburg schildert auch die Kehrseite: Das Zusammensein mit den Klassenbesten war so mühsam, dass wir zum Schluss fühlten, wie unsere Gesichtsmuskeln vor Anstrengung falsch zu lachen erstarrten.“ Ohne Verurteilung – fast lieblos – schildert sie die menschlichen Schwächen und ermöglicht so dem Leser, neue Erkenntnisse aus erlebten Empfindungen zu ziehen.
Inhalt/Rezension: Wieder ein schöner roter Wagenbach Band: 2 Erzählungen, die beide gleichsam außergewöhnliche Leben schildern, mit einer mitreißenden Intensität, die es unmöglich macht, das Buch aus der Hand zu legen. Besonders die titelgebende Geschichte, die das Billardspiel als Metapher für Ringen um einen Platz n der Gesellschaft benutzt, ist so atemberaubend, dass man sich die beiden – oder drei – Protagonisten so gut vorstellen kann, als sein man selbst mit ihnen bekannt und Bewohner der Szene. Ein fünfzehnjähriger Junge jobbt in einem Billardsalon seiner Stadt, nachdem er die Schule geschmissen hat. Er schildert das Ambiente in diesem Salon sehr intensiv und seine Erzählung spitz sich immer weiter zu, wenn er den Auftritt der „Pantherin“ und ihre Begegnung mit „dem Engländer“, einem der besten Billardspieler, schildert. Diese Frau entsteht so lebendig vor dem Auge des Lesers, als wäre er dabeigesessen: ein Göttin, die im Salon mit 40 Tischen und den „Drei Prinzen“, den Billardtischen,die nur den Besten vorbehalten sind, alle Augen auf sich zieht, alles besiegt und in ein Duell mit dem „allerbesten“, dem „Engländer“eintritt, bei dem es um viel mehr als Gewinner und Verlierer beim BiIlliardduell geht.
Das Geschehen verdichtet sich, der Autor lässt uns wissen, was wir schon lange ahnten: Die Macht der Pantherin war schrecklich. Beim Spielen rächte sie sich für irgendetwas, und nichts würde sie je aufhalten. Die Sprache ist sehr bildhaft, man sieht die Diele vor sich und fiebert mit, obwohl der Ausgang eigentlich klar ist: Das kann nicht gut gehen, aber wie es nicht gut geht, ist so meisterhaft geschildert, dass man zunächst erstmal innehält und nicht weiterlesen möchte. Doch auch die 2. Geschichte ist sehr lesenswert. Es geht auch hier um Leben in Extrem- bzw. Ausnahmesituationen: Die zwölfjährige Maria Alina, genannt Cixi lebt mit ihrem todkranken Vater auf Sardinien. Er ist Fischer und Aixi versucht ihm dadurch zu helfen, dass sie Fische aus dem Meer fangen und diese verkaufen will, um für ihren Vater Medizin und Essen zu besorgen. Die Erzählung dieses nächtlichen Vorhabens wird mit intensiven Bildern gemalt, zeugt von überschäumender Fantasie und ist zuweilen recht skurril. Fazit: Lesenswert, reicht aber nicht an die Pantherin heran.
Inhalt und Rezension: „Das Huhn, das vom Fliegen träumte“ war die erste intensive Fabel der Autorin. Nun ist eine neue Erzählung von ihr auf deutsch erschienen: Der Hund der zu träume wagte laut Klappentext wieder eine Fabel über Liebe und Verlust, Vertrauen, Enttäuschung und nicht zuletzt Hoffnung. Hühner träumen vom Fliegen, Hunde wagen zu träumen – die Tiere tun Dinge außerhalb ihrer „normalen“ Verhaltensweisen und sollen uns ermutigen auch über uns hinaus zu wachsen, Dinge zu tun, die wir Menscheneigentlich immer wollen, aber oft nicht in den Alltag integriert bekommen. Also lesen wir davon in solchen reizenden Büchern und träumen uns fort aus dem Alltag. Das gelang bei der ersten Erzählung besser als bei der Hundegeschichte, die meines Erachtens keine eindeutige Fabel ist, dazu fehlt eine moralische Lehre. Die Geschichte handelt von einer mutigen, tapferen Hündin „Zotti“ und parallel dazu von dem Leben und Schicksal ihres Herrchens. Man muss nicht den ganzen Inhalt schildern, das Bild ist klar: Besondere Individuen tun Dinge, die man nicht von ihnen erwartet hätte. Also – tun wir es ihnen nach!
Inhalt: Grammatik-Rennpferde? Wie passt das zusammen? Das erfährt man ziemlich schnell wenn man die Linguistik-Dozentin Salz kennenlernt, die es mit einem russischen EX-Jockey, der in Deutschland Pferdeställe ausmistet, zu tun bekommt. Sergey tritt als Privatschüler in ihr Leben und zwischen ihr, der enthusiastischen Deutschlehrerin, die ihren ausländischen Schüler mit originellen Methoden die deutsche Sprache beibringt und ihm, dem eher spröden pragmatischen Pferdeversteher, entsteht eine zarte Romanze, die alle sprachlichen und kulturellen Barrieren überwindet.
Rezension: Anfänglich dachte ich skeptisch: Nicht noch eine Liebesgeschichte der seichten Art, rechtzeitig erschienen um „im Liegestuhl auf Mallorca“ gelesen zu werden und so der Kategorie „Herz-Schmerz-Schnulze – lass ich im Hotel liegen“ angehört. Ich weiß nicht, wie es mir mit dem Buch ergangen wäre, die CD war jedenfalls sensationell, nicht zuletzt wegen der professionellen Stimme von Martina Gedeck. Dass sie eine tolle Schauspielerin ist, wisset ich schon, aber ihre Interpretation des Textes war eine Sensation: Sie spielt mit der Stimme auf allen Ebenen, russischer Akzent, bayrisch, gefühlvoll, nüchtern – sie beherrscht alle Nuancen. Der Spaß am Zuhören ist enorm! Und ganz nebenbei zog sie mich damit so in den Bann, dass mir die Geschichte sehr ans Herz gewachsen ist. Etwas naiv zwar aber so lebendig und mit großem Unterhaltungswert, dass ich die CD uneingeschränkt empfehlen kann.
Inhalt: Alex Dale eine ehemals brillante Journalistin, stößt bei einer Recherche für einen Artikel auf den Fall von Amy Stevens, die sie vielen Jahren im Koma liegt. Alex kann sich immer noch auf ihren journalistischen Spürsinn verlassen, obwohl sie ein massives Alkoholproblem hat. Sie entwickelt ein Gespür für den Fall von Amy, das zuletzt zur Lösung des Verbrechens beiträgt, das Amy widerfahren ist und sie ins Wachkoma versetzt hat. Doch davor sind viele Irrwege und Recherchen nötig und die Überzeugungsarbeit, dass sie trotz ihres Alkoholproblems messerscharf kombinieren kann.
Rezension: Ein Psychothriller der Sonderklasse, mit Sogpotential. Langsam aber zwingend entwickelt sich die Geschichte, betrachtet aus verschiedenen Perspektiven. Immer wieder gibt es einen Verdacht, der sich als nichtig erweist, eine Spur die im Nirgendwo endet, einen Focus der nicht so richtig ist, wie es scheint. Wohin führen die Spuren? Gerade als alles logisch erscheint, erweist sich der Verdacht als falsch – das macht den reiz des Romanes – in meinen Augen eher des Psychothrillers – aus. Einzig die etwas abrupte Auflösung hinterlässt eine leichte Enttäuschung. Der Stil ist nicht zu anspruchsvoll, verständlich und recht schlicht, was aber dem Hörvergnügen keinen Abbruch tut. Die Charaktere sind realistisch und authentisch geschildert. Gelesen wird das Hörbuch von Marie Bierstedt, Anna Carlson und Simon Jäger, wobei jeder der wohlklingenden Stimmen ein Charakter zugeordnet ist.
Bewertung:
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