Ich heiße Angelika Zörnig, bin Jahrgang 1948 und liebe Bücher und "Mon Cherie". Diese Kombination ist unschlagbar, besonders wenn es sich um Biografien, Familienromane, Psychodramen, Kurzgeschichten, Novellen und Lyrik handelt.
Ansonsten gehe ich leidenschaftlich gern ins Theater und ins Kino oder beschäftige mich mit Märchenerzählen. Ich arbeite als Honorarkraft an einer Hamburger Grundschule. In dieser schönsten Stadt der Welt bin ich auch geboren und habe den größten Teil meines Lebens dort verbracht.
Die Rezensionen werden von Stephi abgetippt.
Inhalt: „Esperanza“ ist der erste Roman der spanischen Autorin, die selbst als zehnjährige nach Deutschland kam. Sie ist Drehbuchautorin und Regisseurin von Dokumentar- und Spielfilmen. Das merkt man auch dem dramaturgisch geschickt aufgebauten Roman an: die drei Hauptpersonen: Esperanza, ihre Tochter Karla und Juan, deren Halbbruder, berichten im Wechsel zum Teil über gleiche Ereignisse, aber eben aus unterschiedlichen Perspektiven. Rückblenden und Überschneidungen vertiefen die Geschichte. Es geht um die Gastarbeitergeschichte der Spanierin Esperanza, die in Deutschland ein neues Leben anfängt, einen neuen Mann findet, aber die Vergangenheit über die sie nie gesprochen hat, holt sie in Form eines jungen Mannes mit Namen Juan ein, der eines Tages vor ihrer Tür steht und ihr weggegebener Sohn ist. Alle traumatische Erfahrungen der kleinen Esperanza im spanischen Bürgerkrieg, alle zurückgelassenen Erlebnisse und Menschen werden wieder lebendig durch die Reise, die Esperanza mit ihrer Tochter nach Spanien unternimmt. Sie bricht das Schweigen und stellt sich einem schmerzhaften Erinnerungsprozess.
Rezension: Der Roman lässt den Leser eintauchen in eine innere und äußere Welt der 3 Hauptakteure. Der reale historisch Hintergrund, Spanien unter dem Franco-Regime, wird deutlich durch die Personen, denen erschütternde Dinge passieren und die innere Reflexion der Hauptpersonen lässt den Leser nicht aus dem Bann. Man möchte wissen, warum Esperanza ihre Vergangenheit totgeschwiegen hat, warum sie ihren Sohn ablehnt und wie er das empfindet, warum die Tochter so wütend auf die Mutter ist. Ein echter Roman zum „Eintauchen“, atmosphärisch dich und bildhaft geschrieben. Spätestens auf S. 13 wird der Leser in die Geschichte eingesogen und die Regisseurin bricht bei der Autorin wieder durch:„In diesem Moment wussten sie nicht, dass sie nur einen Ausschnitt des Drehbuches kannten, dass fremde Personen an unbekannten Schauplätzen längst mit ihnen spielten. Schon immer mit ihnen gespielt hatten.“
Leo Grasset – Giraffentheater. Anekdoten aus der Savanne
Verlag: Verlag Klaus Wagenbach SALTO
Seitenzahl: 144
Teil einer Reihe?: Nein
Inhalt: Wieder ein gelungenes, sinnliches zebraartig gestreiftes Cover vom Wagenbach Verlag, das den Inhalt schon ahnen lässt: Tiere der Savanne werden dem Leser anekdotisch nahegebracht. In der Präambel erzählt der französische Biologe Grasset, wie das Buch entstanden ist. Anlässlich zweier Exkursionen nach Simbabwe zur Vermessung von Zebrastreifen (!) schrieb er 15 mit eigenen Fotos und Illustrationen veranschaulichte Beiträge für seinen Blog, die er später als Buch veröffentlichte. es handelt sich um Erörterungen so spannender Fragen wie: Warum haben Kühe Hörner, warum haben Männer Brustwarzen, warum haben Zebras Streifen (die Zebras sind übrigens schwarz mit weißen Streifen), warum haben die Giraffen so lange Hälse, warum töten Löwen die Nachkommen fremder Männchen und wieso ist der Honigdachs eine Massenvernichtungswaffe? Die 15 Kapitel sind in vier Gruppen eingeteilt, die folgendermaßen zusammengefasst sind: Evolution, Verhaltensweisen, lustige Tierchen und der Mensch und die Savanne. Tipps zur ergänzenden Lektüre runden dieses überaus kurzweilige Buch ab.
Rezension: Das erste Buch des jungen französischen Biologen ist clever und komisch zugleich. Flüssig geschrieben erfährt der Leser kurzweilige Tatsachen über Tiere, denen Grasset im Hwange- Nationalpark in Simbabwe begegnet ist. Obwohl die Inhalte populärwissenschaftlich präsentiert werden, so dass auch der Laie eine Chance hat, die Evolution zu verstehen, merkt man den Texten doch den fundierten Sachverstand des Autors an. Das macht die Lektüre so spannend!
Teil einer Reihe?: Nein, aber es gibt ein vergleichbares Buch des selben Autor: „Heirate nie in Monte Carlo„, dessen inhaltliche Fortsetzung es ist.
Inhalt: Wenn das Buch auch kein Teil einer Serie ist, so ist es doch quasi inhaltliche Fortsetzung des Romans von Graham Greene „Heirate nie in Monte Carlo„. Schon optisch passen die beiden schmalen Bändchen perfekt zusammen: roter Leineneinband mit einem nostalgisch anmutenden Foto eines jungen Paares im bzw. am Wasser. Der letzte Band mit den beiden Erzählungen erschien als englisches Original erstmals 1967 und wurde nun von Wagenbach neu aufgelegt. Sowohl in „Verleihe niemals deinen Mann“ als auch in der 2. Erzählung „Billig im August“geht es um die Liebe und das Fremdgehen in der Ehe. Die Erzählungen spielen wie immer bei dem Autor an malerischen Plätzen, diesmal wieder an der Riviera und in Jamaika, wo der August schon zur Nachsaison zählt und deshalb billiger ist und sich von Menschen geleistet werden kann, die sonst eher sparsam leben. Während das Motto des vergangenen Romans „The Loser takes it all“ war, ist es jetzt das trotzige: „Je ne regnete rien!“ („Ich bereue nichts!“ nach einem bekannten französischen Chanson!)
Rezension: Dem Autor ist mit der 1. Erzählung eine wunderbare Beschreibung menschlicher Beziehungen, Begierden, Sehsüchte und Selbsttäuschungen gelungen. Durch die Ich-Form fühlt sich der Leser mittendrin im Geschehen. Obwohl äußerlich nicht viel passiert, eröffnet sich dem Leser ein facettenreiches Spektrum menschlicher Verhaltensweisen. Der Autor ist dabei Beobachter (er erahnt die Entwicklung) und Beteiligter zugleich. (Er ist ein wenig verliebt in die frisch verheiratete Flitterwöchnerin.) Sie ist im „Alter des Vertrauens“, er in jenem „des Zynismus“, woraus sich psychische Spannungen der Extraklasse ergeben. Auch die zweite Erzählung ist äußerst subtil beobachtet und spannend geschrieben. Wieder geht es um Innenschau der Protagonistin Mary, eine 39-jährige Ehefrau, die aber alleine Urlaub in Jamaica macht. Sie lässt sich auf eine kurze sexuelle Begegnung mit einem siebzigjährigen Hotelgast ein, der aus ihrer Sicht als klug und warmherzig geschildert wird. Wie sich die Segnung entwickelt ist so spannend und vorurteilsfrei dargestellt, dass man der fremdgehenden Ehefrau nicht böse sein kann. Was sie macht, ist nachvollziehbar und manchem Leser vielleicht aus eigenen Wünschen bekannt. Beide Erzählungen sind so unspektakulär und trotzdem so faszinierend – wirklich große überzeugende Schreib- und Gedankenkunst!
Inhalt: Die Erzählung: Sidonia & Sofia (etwas befremdlich das eher kaufmännische „Unizeichen“) beschäftigt sich mit zwei Frauenschicksalen in unterschiedlichen Jahrhunderten. Beide haben literarisches Talent, beiden gemeinsam ist die Unangepasstheit an die Erwartungen der Gesellschaft, der Wille nach Selbstverwirklichung und die damit verbundene Ablehnung, Ausgrenzung und kräfteverschlingende Suche nach Identität. Die Geschichte von Sidonia ist real, die junge Frau lebt im 18. Jahrhundert und war eine anerkannte und ausgezeichnete Dichterin, die aber durch ihre eher „männliche“ Lebensweise immer aneckte. Die zweite Geschichte von Sofia ist fiktiv und steht exemplarisch für die Emanzipationsbestrebungen junger, aufgeklärter Frauen, die von der Gesellschaft auch in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts immer noch in Rollenklischees gesteckt werden.
Rezension: Neugierig durch den Untertitel der Erzählung „Schwestern im Geiste“ und das Vorwort der Autorin mit intelligenten Zitaten von Virginia Woolf über die Schwierigkeiten einer musisch talentierten Frau noch im 19. Jahrhundert ihre Begabung zu entfalten, habe ich eine spannende Auseinandersetzung mit den Themen: „Frau im Wandel der Zeit, Geschlechterrollen in verschiedenen Jahrhunderten, Patriarchat und Ausbruchsversuche der Frauen“ erwartet. Doch die Enttäuschung war groß, denn der Stil der Autorin ist recht abständig. Besonders in der Geschichte von Sofia bewirkt der Literarische Kunstgriff, das Leben eines Menschen durch die Augen einer anderen Person (hier die Schwester) und Tagebuchaufzeichnungen darzulegen, dass die Identifikation mit der Hauptfigur nicht recht gelingen will. Das Sofia auch noch psychisch krank sein muss und der rigiden Erziehung ihrer in einer Sekte lebenden Eltern ausgesetzt ist macht sie Geschichte nicht überzeugender. Schließlich geht es um die „normale“ Ungeheuerlichkeit der männlichen Vorherrschaft! Manchmal war die Erzählung über Sidonia recht spannend, wenn diese ihre Umgebung mit scharfem Verstand beobachtet und kommentiert. „Meine Schwester und ihr Mann umarmen und küssen sich ausgiebig. Sie demonstrieren vor mir die Wonnen des Ehestandes“ (Sie selbst ist mit 25 noch unverheiratet.) Insgesamt aber reihen sich Abschnitte aus Sidonias Leben wie Momentaufnahmen aneinander und lassen den Leser außen vor. Neugierig gemacht haben mich nur die eingestreuten Originaltexte der Dichterin Sidonia Zähnemann und diese werde ich dank der Quellenhinweise nachlesen.
Inhalt & Rezension: In seinem neuen Buch: „Ich bin, was ich darf“ hat der bekannte Wissenschaftler Volker Kitz wieder einen Volltreffer gelandet. Er erklärt auf sehr spannende und überaus vergnügliche Weise wie Recht und Gerechtigkeit funktionieren und das geschieht so anschaulich, dass auch der Nichtjurist die Gesetzgebung versteht, intelligente Belehrung über Gesellschaftspolitik inbegriffen.
Schon die Widmung an die Mutter des Autors macht neugierig: „Meiner Mutter, die an einem Fall in diesem Buch beteiligt war. Sie hat gezeigt, das wir die Welt verändern können.“ Man möchte sofort loslegen und herausbekommen, um welchen der authentischen und wahren Fälle es sich wohl handeln könnte. Die Widmung zeigt auch, dass der Autor nicht nur theoretische Paragraphen-Reiterei betreiben wird, sondern sich mit dem Menschen beschäftigt, für den „Gerechtigkeit ins Recht“ kommen soll. Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt, die sich mit Bevormundung, Selbstbestimmung, Freiheit, Familie, Strafe und Wert des Lebens befassen. Abgerundet werden diese Erörterungen durch eine sehr persönliche und neugierig machende Einleitung und einen umfangreichen Anhang, der den Leser in die Lage versetzt, die Fälle nachzuspüren und sich mit „Mehrwissen“ zu bereichern.
Eigentlich ist in der Einleitung schon alles angedeutet, was in dem Buch zu finden ist. Der Autor erinnert sich in einer Prüfungssituation an die juristische Leitthese, die ihn während des Studiums eingebläut wurde: Die einzig richtige Antwort gibt es nicht. Es kommt darauf an, Argumente für beide Seiten zu erkennen. Der Prüfling handelt danach und scheitert trotzdem, seine Arbeit wurde korrigiert mit der Frage: Wie entscheidet sich der Verfasser? Er wird von seinem Professor belehrt, dass ein Philosoph über einen Fall nachdenken kann, bis er die Wahrheit gefunden hat, er darf auch die Frage offen lassen. Aber ein Richter muss über ein menschliches Schicksal entscheiden, hier und jetzt. Das Recht kann keine Fragen offen lassen. Das Ganze ist so stimmig verpackt, das man das Gefühl hat, so habe man auch schon oft gedacht, aber keine Lösung gefunden. Wie der Rechtsstaat Lösungen findet und keine Entscheidung offenlägest erfahren wir aus dem Buch. Wie schon erwähnt: spannend und sehr informativ. Haben wir uns nicht auch schon oft gefragt, wo die Grenzen der Individualität sind, wo Gemeinwohl und damit Unterordnung anfängt, was gerecht ist und was der Einzelne dazu beitragen kann und wie wir Veränderungen erstreiten können? Der Autor wünscht uns viel Spaß beim Erspüren der Macht und den hat man! Es ist müßig, die einzelnen Kapitel darzustellen. Wie bereits erwähnt, kann man sie unter so vielen Gesichtspunkten lesen, wie man Stimmungen hat: philosophisch, juristisch, individuell, persönlich betroffen… immer bieten die Fälle alles für die verschiedenen Aspekte und regen zu vielfältigen Betrachten an. Aber auch Fragen werden angeregt und der Leser kann sich z.B. Gedanken machen, wie frei man eigentlich in einem freien Land sein kann, und mit welchen Vorraussetzungen darf der Staat Handlungsfreiheit einschränken? Betrachtet die Rechtssprechung die Intention einer Handlung oder das Ergebnis? Und wie steht es mit dem Grundsatz: Gnade vor Recht? Begnadigung geschieht nach Ermessen, es gibt keine geregelten Voraussetzungen. Und wie ist es mit dem Recht auf Religionsfreiheit, wenn eine Religion erlaubt Frauen zu schlagen? Darf der Staat mir den Rausch verbieten, wenn es mir dabei gut geht? Fragen über Fragen , zu denen das Buch eine gute Diskussionsgrundlage bietet. Gleichzeitig sollte man auch im Kopf behalten, dass die Gesetzte von Menschen gemacht, ausgelegt und angewendet werden, deren Geisteshaltung nicht immer kontrollierbar ist.
Inhalt: Die reiche Maddie, eine junge Frau aus der amerikanischen Oberschicht, reist mit ihrem Ehemann Ellis und dem gemeinsamen Freund Hank im Januar 1945 aus den Staaten ins ferne Schottland in ein abgelegenes Dorf im schottischen Hochland an den „Loch Ness“, um das sagenumwobene Ungeheuer zu finden und dessen Existenz per Foto zu belegen. Ungeachtet des Krieges begeben sie sich auf die gefährliche Reise über den Ozean, w sie zum ersten Mal mit Kriegsopfern konfrontiert werden. Diese Konfrontation wird Maggie Leben später beeinflussen, doch davor liegt ein langer Weg der Selbstfindung. Denn am Zielort verändert sich Maggies Leben zunächst durch die egoistische Besessenheit ihres Gatten, das Ungeheuer zu finden. Ihnen geht es auch um die Rehabilitierung seiner Vaters der ebenfalls früher die Existenz zu beweisersuchte und dem dabei Manipulationen unterstellt wurden. Bei den Exkursionen der beiden unzertrennlichen Freunde Elli und Hank stellt sich immer mehr deren Unfähigkeit heraus, sich auf ihnen fremde Menschen einzulassen, neuen Situationen mit Flexibilität zu beginnen und Maggie in ihr Unternehmen mit einzubeziehen, denn schließlich ist sie nicht ganz freiwillig mitgekommen, sondern in der Hoffnung ihr Gatte möge durch den Nachweis des sagenumwogenden Tieres den Konflikt mit seinem Vater lösen und wieder zum dem Charmanten, leichtlebigen Tunichtgut werden, den sie geliebt und geheiratet hat. Alleingelassen in der gemeinsamen Pension beweist sie den eigentlichen Mut, sich Menschen zu nähern, die eigentlich nicht zu ihrer Schicht gehören. Die Annäherung verändert Maggie und lässt die Beziehung zu Ellis und Hank explodieren.
Rezension: Die Autorin erzählt die Geschichte aus Maggies Sicht in der Ich-Form und ermöglicht dem Leser damit, sich ganz auf die junge Frau einzulassen. Dabei erlebt man die Wandlung der Protagonistin hautnah mit, wie aus der ehemals oberflächlichen, snobistischen Maddie eine mitfühlenden, emphatische und zupackenden Frau wird, die eben nicht nur reich und verwöhnt durch´s Leben geht, sondern ihrem Leben einen tieferen Sinn gibt. Wie sich diese Wandlung im einzelnen vollzieht, welche Überraschungen das Schicksal für Maddie bereithält sei hier nicht verraten. Nur soviel: die Schilderung der Ereignisse ist voller geballter Erzählkraft, das Porträt von Maddie ist sorgfältig und überzeugend. Die Freundschaft der beiden Männer ist sehr subtil geschildert und hauptsächlich in Handlung und Worte verpackt, ohne Erklärung, aber es verdichtet sich beim Leser langsam das Gefühl, das zwischen die beiden gar keine Frau passt, sondern dass sie zwei Hälften eines Charakters sind. Das alles ist mit geballter Erzählkraft geschriebenen fesselt den Leser nicht nur mit einer weiblichen Emanzipationsgeschichte, sondern auch mit den Facetten der Liebe, Abenteuerlust, Kindheitstraumata und Selbstbestimmung. Der Krieg selbst spielt in der Geschichte nur eine untergeordnete Rolle. Es sind eher die Schicksale der Menschen, die durch diesen Krieg Verluste und Prägungen erlebt haben. In einem Nachwort wird von der Autorin erklärt, wie es sich mit den Anteilen von Fiktion und Wahrheit verhält. Das alles ist aufschlussreich aber nicht wirklich wichtig, da es sich bei dem Roman nicht um historische Korrektheit handelt, sondern um einen Liebesroman, gespickt mit Abenteuer, Familienkonflikt und Mystik. Das Ganze ist Lesern zu empfehlen, die gerne eher leichte Kost bevorzugen, die aber mit realistischen Charakteren geschildert wird, die vielschichtig sind und wandlungsfähig. Das Stil ist angenehm flüssig und verlockt, das Buch erst gar nicht aus der Hand zu legen, bevor man die Lösung der Konflikte erfährt. Danach ist man zufrieden und hat ein schönes Leseerlebnis gehabt ohne zu stark gefordert zu sein. Trotzdem sei nicht unerwähnt, dass mich manche Passagen wirklich in eine andere Welt eintauchen ließen.
Inhalt: Am 7. Mai 1945 werden zwei Mädchen in der Frauenklinik in der Maistraße in München geboren:Hannelore, später Lore, und Marion, Künstlername Moon. Obwohl sie von unterschiedlicher Herkunft sind, wachsen sie wie Schwestern auf, da die großherzige Mutter von Lore, die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Mutter von Marion in ihrer Villa bei sich leben und arbeiten lässt. Die beiden Mädchen sind unzertrennlich auf immer und ewig und drei Tage. Zwar ändert sich das äußere Leben für die Familien als Monikas Vater aus dem Krieg heimkehrt, aber die Mädchen bleiben verbunden. Das ändert sich an ihrem zweiundzwanzigsten Geburtstag, als Marion sich verliebt und die Wege der Freundinnen trennen sich. Moon wird erfolgreiches Fotomodell, Lore will Anwältin werden. Das Leben der beiden könnte unterschiedlicher nicht sein mit all seinen Facetten, und doch kommt es kurz vor dem siebzigsten Geburtstag zu einer zufälligen Begegnung am Grab des Mannes, der für die Entzweiung verantwortlich war, und die ehemaligen Freundinnen können sich aussprechen.
Rezension: Aufmerksam gemacht durch das Cover , das in schlichten Farben gehalten ist und zwei Mädchen zeigt, die eng umschlungen zur Schule gehen, musste ich in dem Buch stöbern, denn genauso habe ich auch ausgesehen! Schon bald hat es mich durch die Erwähnung der Ereignisse und Gepflogenheiten der Jahre meiner eigenen Kindheit und Jugend in den Bann gezogen: Poesiealbum, klarer Hund, Käseigel, Toast Hawaii, Clemens Wilmenrod, die Zeitschriften „Twen“, „Bunte“, die Studentenunruhen, das Attentat auf dem Oktoberfest… und, und, und. Die Geschichte ist nämlich nicht nur eine stimmige und spannende Schilderung einer Freundschaft zweier „zufälliger“ Schwestern und deren Biografie, sondern eine herrliche Zeitreise durch die letzten fünfzig Jahre Zeitgeschichte. Der Stil ist gefällig und leicht zu lesen, die Kapitel wechseln zwischen der heutigen Zeit 2015 und der Vergangenheit. Auch die Sichtweisen wechseln zwischen Marion und Lore, wobei Marion Anteil deutlich größer ist. Die Verknüpfung von Zeitgeschichte und Roman macht die Lektüre auch für jüngere Menschen, die die Nachkriegszeit und den Aufschwung nicht miterlebt haben, äußerst lesenswert. Nicht zuletzt deshalb, weil die beiden Hauptcharaktere sehr sympathisch sind und ihre Handlungen, Gefühle und Sichtweisen viele Identifikationsmöglichkeiten bieten. Wer also seine zeitgeschichtliche Neugier auf unterhaltsame Weise befriedigen möchte und neugierig auf Frauenschicksale in dieser Zeit ist, dem sei das Buch wärmstens empfohlen, auch wenn es zum Schluss einige unnötige Längen hat.
Bewertung:
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