Ich heiße Angelika Zörnig, bin Jahrgang 1948 und liebe Bücher und "Mon Cherie". Diese Kombination ist unschlagbar, besonders wenn es sich um Biografien, Familienromane, Psychodramen, Kurzgeschichten, Novellen und Lyrik handelt.
Ansonsten gehe ich leidenschaftlich gern ins Theater und ins Kino oder beschäftige mich mit Märchenerzählen. Ich arbeite als Honorarkraft an einer Hamburger Grundschule. In dieser schönsten Stadt der Welt bin ich auch geboren und habe den größten Teil meines Lebens dort verbracht.
Die Rezensionen werden von Stephi abgetippt.
Inhalt und Rezension:Wie der Titel schon verrät, erfährt der Leser hier nützliche Informationen, Tipps und Anleitungen zum kreativen Schreiben. In letzter Zeit gibt es eine Flut von Anleitungen zu dem Thema: Wie schreibe ich mein erstes Buch und welche Techniken brauche ich dazu und welche Befriedigung bereitet es mir? Dieses Buch fügt sich nahtlos in die Reihe der gutgemeinten Ermunterungen ein, sein eigenes Buch zu schreiben oder auch nur seinen Stil zu verbessern. Gleichzeitig soll die Kraft der Worte auch zur Lebenskraft werden. Das alles ist gut gemeint, handwerklich solide geschrieben, aber nicht eins zu eins umsetzbar, auch wenn man die vielfältigen Technikübungen absolviert. Es ist nun mal so, dass zum befriedigenden Umgang mit Sprache ein gewisses Talent, eine Leidenschaft, Sprachgefühl und Disziplin gehören. Die Autorin meint, schon die Tatsache, dass wir einem Stift erlauben, Worte zu schreiben, die von uns selbst kommen, macht uns zu kreativen, schöpferischen Wesen. Aber sie sagt auch, dass Dichtung ehrlich und wahrhaftig sein muss und sich daraus erst die Heilkraft der Dichtung ergibt. Das bedeutet, es bedarf des richtigen Wortes, zu dem der Leib Ja sagen kann und von dem man merken muss, wenn es nicht das richtige Wort wäre, stünde es nicht an dieser Stelle. Das zu erkennen und das richtige Wort zu finden ist mehr als angeeignete Schreibtechnik. Man spricht und schreibt eben nicht nur, weil Schweigen zu anstrengend ist, sondern weil man etwas zu sagen hat und um eine gute Form ringt.
Das Buch ist ein Lust-auf-Schreiben-Macher, das für den Anfang für Überwindung von Sprachbarrieren und Schreibblockaden nützlich und praktisch ist, das aber bitte nicht dazu führen sollte, dass sich jeder Absolvent des Übungsteils als begnadeter Autor fühlen sollte, ohne vertiefende Übungen und Anstrengungen. Das die Beschäftigung mit Schreiben freudvoll, sinnerfüllt und kreativ sein kann, davon zeugt das Buch allemal.
Teil einer Reihe?: Ja, es ist Teil der Reihe „Unsere Geschichte“.
Inhalt und Rezension: Der Name „Weiße Rose“ ist untrennbar mit Hans und Sophie Scholl verbunden. „Weiße Rose“ war der Deckname einer studentischen Widerstandsbewegung gegen das Hitlerregime. Hauptaktionsradius war München, aber Kontakte liefen auch zu Studentengruppen in Hamburg, Freiburg, Berlin und Wien. Der Münchner Kerngruppe, bestehend aus fünf Studenten und einem Philosophieprofessor, gehörte auch Christoph Probst an. Probst war ein lebensbejahender, verantwortungsbewusster junger Mann, der bei seiner Hinrichtung am 22. Februar 1943 dreiundzwanzig Jahre alt war und eine Frau und drei kleine Kinder hinterließ, das Jüngste erst vier Wochen alt. Die Widerstandsgruppe wandte sich aus Empörung über die sittliche und politische Kapitulation (1942/43) des Bildungsbürgertums mit Flugblättern und Inschriften wie „Nieder mit Hitler“ an die Öffentlichkeit, um den Teufelskreis zu durchbrechen, in dem jeder wartet, bis der andere anfängt und so alle schuldig werden. Probst Geisteshaltung war folgende: „ Wir haben durch unsere Haltung und Hingabe zu zeigen, dass es noch nicht aus ist mit der Freiheit des Menschen. Einmal muss das Menschliche hoch emporgehalten werden, dann wird es eines Tages wieder zum Durchbruch kommen.“
Enttarnt wird Probst durch einen Zufall. Hans Scholl hatte bei seiner Verhaftung einen handschriftlichen Entwurf von Probst für ein Flugblatt in der Tasche, den er zerriss und verstreute. Die Handschrift verriet Christoph, den man aus aktiven Widerstandsaktionen herausgehalten hatte, da er ja Ehemann und Vater war. Die Briefe von Probst an seine Freunde und an Familienmitglieder sind aus Sicherheitsgründen kaum politisch gehalten. Sie charakterisieren den jungen Mann aufs Genaueste und der Mensch Christoph wird sehr lebendig, wenn man seinen Briefen lauscht. Den Briefen voran ist eine Kurzbiografie gestellt, so dass man „Christl“, wie er genannt wird, gut historisch einordnen kann. Dann folgen 13 Briefe an Mutter und Stiefmutter, an Geschwister und an seine Ehefrau und an Sophie und Hans, aus denen man den sensiblen Menschen Christoph sehr deutlich vor Augen hat, sehr berührt wird von den Schilderungen seiner Empfindungen, Sehnsüchte und guten Wünschen für andere. Selten hat mich ein Hörbuch so berührt , sicher auch durch die absolut passende Stimme des Schauspielers Sebastian Bezzel, die die Wärme aber auch die Selbstironie von Probst lebendig werden lässt. Aus allen Briefen werden neben der Lebenslust des Schreibers auch sein kritischer Verstand, die Fähigkeit zur Eigenanalyse und die große Fürsorge für seine Liebsten deutlich. Ihnen schreibt er einen Tag vor seiner Hinrichtung heitere Abschiedsbriefe, legt ihnen ans Herz, sich nicht um ihn zu sorgen, das könne er nicht ertragen, ihnen Kummer bereitet zu haben. Vielmehr sollen sie nie den Mut und das Vertrauen verlieren. Christoph Probst war ein wirklich besonderer junger Mensch, über den oder von dem man mehr hören oder lesen möchte.
Dietrich Schilling – Die Tochter des Wassermeisters. Ein Roman aus dem alten Kambodscha
Verlag:Ostasienverlag
Seitenzahl: 196
Teil einer Reihe?: Nein
Inhalt: Der Roman spielt in der Blütezeit des südostasiatischen Königreiches Angkor im Jahre 1200. Damals wie heute hat das Wasser in dem Gebiet eine zentrale, lebenswichtige Bedeutung für Mensch und Tier. Dämme, Kanäle und Wasserreservoirs wurden unter die Verantwortung von Wassermeistern gestellt. Nur drei sind dem König gegenüber direkt verantwortlich. Einer von ihnen, ein angesehener und überaus fähiger Mann, ist Samay, der mit seiner Frau Kaliyan und seinen drei Kindern in einer harmonischen Familie lebt. Chenda, seine jüngste zwölfjährige Tochter, liebt ihren Vater sehr und ist fasziniert von seiner Arbeit. In ihr wächst der damals für Frauen ungeheuerliche Wunsch, auch Wassermeisterin zu werden. Doch bevor sie diesen Wunsch verfolgen kann, muss sie dem Ruf des Königs gehorchen, der junge Mädchen im ganzen Land auswählt, die in seiner Tanzschule eine Ausbildung zur „himmlischen Tänzerin“ absolvieren müssen. Eine Verweigerung kommt nicht in Frage, denn Chenda will ihren Vater retten, der aufgrund eines riesigen Fischsterbens während einer großen Trockenheit in Ungnade gefallen ist. Er soll Schuld an dem Sterben haben, ohne dass man ihm einen konkreten Vorwurf machen könnte. Chenda will durch ihr Opfer- eigentlich will sie sich nicht von Familie und Freundinnen trennen- den König milde stimmen und so den Vater vor dem Gefängnis bewahren. Obwohl der Tanz ihr überraschenderweise viel Freude bereitet und sie eine besondere Begabung dafür hat, kehrt Chenda zu ihrer Familie zurück.
Rezension: Der Autor hat seinem Roman einen sehr persönlichen Nachtrag angefügt, der nicht nur Aufschluss gibt über die geschichtlichen und geografischen Hintergründe der Ereignisse. Er lässt den Leser auch teilhaben an seiner eigenen Faszination an den ostasiatischen Ländern, an seiner Liebe zu diesen Regionen und an seiner Neugier auf deren Kultur.
Die Geschichte liest sich anfänglich etwas mühsam durch die fremdländischen Namen von Menschen, Tempeln und Wasserspeichern, die oft aneinandergereiht werden. Aber durch die im Anhang befindliche Liste der handelnden Personen und durch das Glossar kommt man bald ohne ständiges Nachschlagen aus. Der Leser taucht ein in eine fremde Welt, die durch eine genaue und detailreiche Schilderung zu faszinieren beginnt. Die Familienmitglieder sind sehr genau beobachtet und facettenreich beschrieben. Ihre allmählichen Wandlungen im Laufe der Geschichte sind glaubhaft. Ganz besonders wächst einem die junge Chenda ans Herz, die Erfahrungen durchlebt, die auch westlichen Mädchen in dem Alter widerfahren wie: zärtliche Bindung an die beste Freundin, eine besondere Verbundenheit mit dem Vater, innige Liebe zur Mutter, gepaart mit Fürsorglichkeit, rebellische Auflehnung gegen die herrische Großmutter , erste Liebe. Aber sie erlebt das alles in einem abenteuerlichen, manchmal bedrohlichen Lebensumfeld, und wie sie das meistert ist überaus lesenswert. Einzig die sich oft wiederholenden, spannungsheischenden Andeutungen am Ende von inhaltlichen Einheiten wie: „irgendetwas stimmte nicht“, „etwas hat sich verändert“ oder „doch in der Nacht hatte sich etwas verändert“ sind meines Erachtens überflüssig, denn dieses Fazit kann man als Leser schon selber ziehen.
Erwähnenswert ist noch die Umschlaggestaltung, die sich wohltuend von technisch glatten, fotografisch genauen Abbildungen abhebt. Das Umschlagsbild taucht zu Beginn des ersten Kapitels noch einmal als Miniaturaquarell auf und man hätte sich im Inneren des Buches noch mehr davon gewünscht. Aber dafür gibt es anschauliche Detailfotos von Statuen und Tempelreliefs, die jeweils mit einem Zitat aus dem Romantext unterlegt sind.Fazit: Eine spannende Lektüre und eine gute Anregung, sich mit fremden Kulturen zu beschäftigen und auseinanderzusetzen.
Inhalt:Der Roman „aus der faszinierenden Welt der Medizin des frühen 20. Jahrhunderts“ beruht auf realen Hintergründen, nämlich dem Aufstieg des Dr. Alois Alzheimers, dem die neuentdeckte Krankheit, bei der das Hirn irreparabel zerstört wird, ihren Namen verdankt. Aus der Sicht des Protagonisten Karl Walz werden verschiedene berühmte Mediziner, bekannte „Irrenanstalten“ und deren Zustände und die Entwicklung der damaligen medizinischen Forschung geschildert. Karl selbst stammt eus einer zerrütteten Familie, Vater Trinker und früh verstorben, nur Schulden hinterlassend, die Mutter alsbald mit einer unheimlichen Krankheit ins Irrenhaus gesteckt. Karl wird also früh mit Geisteskranken konfrontiert, ebenso mit psychischer und physischer Gewalt im Heim, in das er gesteckt wurde. Einziger Lichtblick sind die Wochenenden bei seiner Ziehmutter, zu der er ein inniges und vertrauensvolles Verhältnis entwickelt. Als auch sie in eine Irrenanstalt eingewiesen werden muss, weil sie plötzlich an einer unheimlichen Krankheit leidet, die sie geistig immer mehr verfallen lässt, erwacht in ihm der sehnliche Wunsch Arzt zu werden und Krankheiten, besonders die des Geistes, zu erforschen. Der Leser begleitet Karl auf diesem Weg, der gekennzeichnet ist von Höhen und Tiefen, von Sehnsucht, Liebe und Verrat, von dunklen Familiengeheimnissen und vor allem durch den – gemeinsamen – Kampf seines Mentors Dr. Alzheimer gegen die neue Krankheit, aber auch gegen die eigenen düsteren Kindheitserfahrungen, die unendlich schwer zu besiegen sind.
Rezension: Wie die Inhaltsangabe deutlich macht, werden in dem Roman viele Stränge miteinander verknüpft. Karls Lebenslauf, Dr. Alzheimers Privatgeschichte, die Geschichte der ehemaligen Krankenschwester Mina, der späteren Frau von Karl, die Geschichte des Schuhfetischisten Oskar Mäder, das Schicksal des autistischen Freddys, Machtintrigen auf dem „Irrenschloss auf dem Affenfelsen“, die private und Krankengeschichte der ersten Alzheimer Patientin Auguste Deter und Standesdünkel in Frankfurt. Das mutet manchmal etwas gewollt und überfrachtet an, zumal auch immer wieder um Authentizität gerungen wird: Freud mit seinen Traumdeutungen kommt ins Spiel, eine reale Versammlung der süddeutschen Irrenärzte im Hörsaal der psychiatrischen Klinik in Thübingen und die Debatte über „Nützlichkeit für den Volkskörper und lebenswertes Leben“, die damals nicht nur in Frankfurt im vollen Gange war. Diese Vielfalt tut der Hauptgeschichte nicht besonders gut, da Karl –als Protagonist- letztlich etwas künstlich wirkt und nicht ganz glaubwürdig. Außerdem wirken die eingestreuten lateinischen Zitate aus seinem Mund aufgesetzt, ebenso wie die Einstreuungen medizinischer Fachbegriffe, die anschließend erklärt werden. Z.B. Progressive Paralyse, auch Hirnerweichung, Hirnsyphilis oder Neurolues genannt. Oder die Frage an Dr. Alzheimer : Glauben Sie, senile, arteriosklerotische Hirnathropie könnte es auch in früheren Lebensphasen geben? Das alles fällt dem 19 jährigen Hausmeistergehilfen, jetzt Krankenpfleger ohne Schulbildung ein. Und immer ist es Karl, der zur Aufklärung oder Rettung den entscheidenden Hinweis gibt, obwohl gestandene Ärzte anwesend sind! Fazit: kurzweilige Geschichte mit allen Facetten des Lebens, für Leser, die leichte Kost und oberflächliche Zerstreuung wünschen.
Teil einer Reihe?: Ja, es gehört zur Reihe „Lieblingsplätze zum Entdecken“
Inhalt und Rezension:Der Autor stellt 77 Lieblingsplätze in und um Straßburg und Kehl und Umgebung vor. Die Auswahl bezeichnet er als völlig subjektiv und oft sogar zufällig. Wichtig waren ihm die geografische Streuung, eine thematische Vielfalt sowie die Beschränkung auf Ausflüge von nicht mehr als 40 km im französischen und deutschen Umland.Der ungewöhnliche Reiseführer ist wirklich von der besonderen Art. Thematisch übersichtlich gegliedert, mit ästhetisch schönen Bildern bereichert- sowohl witzige Detailfotos als auch stimmungsvolle Landschaftsaufnahmen und wunderschöne farbige (nicht bunte) Abbildungen von Sehenswürdigkeiten. Am Ende findet der Leser drei Übersichtskarten, die es ihm erleichtern, die beschriebenen Plätze einzuordnen, bzw. zu finden, wenn er nach der Lektüre des Buches sofort nach Straßburg fährt. Denn so ist es mir ergangen: Da muss ich sofort hin! Denn der Reiseführer ist mehr als eine Aneinanderreihung nüchterner Fakten über eine Stadt mit so wechselhafter Geschichte, es ist auch eine Anekdotensammlung, ein historische Aufklärung und Vorstellung der verschiedensten Persönlichkeiten, die dem Elsass ihren Stempel aufgedrückt haben – und vor allem eine Liebeserklärung!
Aber auch praktische Empfehlungen kommen nicht zu kurz. Zwar gibt es keine Hotelliste, keine „ Do“ und „Don`t“ Empfehlungen keinen Sprachführer und keine Städtefahrpläne. Dafür aber ist jede linke Seite, die den Text auf der rechten illustriert, mit Erklärungen, Adressen und Telefonnummern versehen. Auf jeder rechten Seite befindet sich unten noch eine weitere praktische Information zum behandelten Thema wie Öffnungszeiten, Adresse für`s Abschlussbier, Empfehlungen für Veranstaltungen im Nebengebäude, Essenszeiten für schmalere Geldbeutel und vieles mehr.
Man kann das Buch aufschlagen, wo man möchte, der Aufbau ist immer gleich: linke Seite Illustration mit genauer Adresse, rechte Seite Beschreibung des Lieblingsplatzes, angereichert mit historischen Hintergrundsinformationen, unten Zusatz mit praktischen Tipps. Das ist übersichtlich, informativ und kurzweilig. Also, wenn ich in der nächsten Zeit nichts lese oder schreibe, bin ich in Straßburg!!
Inhalt und Rezension: Der Untertitel des Buches lautet: „ Tagebuchnotizen aus den Jahren 1951 bis 1971“, und der Autor lässt uns teilhaben an tiefsinnigen, philosophischen Gedanken und Fragen des Lebens, wie z.B. : Wozu leben wir eigentlich? Aber er hält auch in Gedankensplittern fest, was ihm in der Natur begegnet, welche Bücher er gelesen hat , und ob sie ihn mit ihrem Gedankengut bereichern. Fast nichts ist dem Autor zu banal, um es zu betrachten und darüber zu sinnieren Das tut er oft mit intelligentem und facettenreichem Tiefgang, oft aber auch recht vordergründig . ( Bsp: Habe das gestrige Wandererlebnis aufgeschrieben. Nun ist mir wie nach einem Stuhlgang, nämlich leichter.)
Alles in allem ein kluges Buch, das man nicht hintereinander weg lesen kann. Manche Notizen sind sprachlich überfrachtet und wirken so, als wolle der Autor viele Adjektive besonders originell einsetzten um die Gedanken interessant zu machen. Das tut aber den Gedanken nicht allzu gut, denn manchmal muss man sie erst von der Sprachverliebtheit des Autors lösen, um sie zu verstehen. Dann aber bieten sie eine Reihe von klugen Anstößen zum Über- und Weiterdenken.
Horst Bosetzky – Die Brüder Sass- geliebte Ganoven
Verlag: Gmeiner
Seitenzahl: 217
Teil einer Reihe?: Nein
Inhalt:Der biografische Kriminalroman , Untertitel „Wahre Verbrechen“, schildert das kurze Leben der Brüder Franz und Erich Sass als Geldschrankknacker im Berlin der 1920er Jahre und später in Dänemark. Die Handlung basiert zwar auf realen Begebenheiten, mit Personen, Daten und Ereignissen wird aber frei umgegangen. Erich und Franz entstammen einer zerrütteten Arbeiterfamilie. Zwar gibt es beide Elternteile, diese sind aber für die Kinder selten greifbar. Der Vater kümmert sich nicht um die Familie und die Mutter arbeitet viel und schwer, um ihre fünf Jungs und sich über die Runden zu bringen, also sind diese meist sich selbst überlassen. Die mittleren Söhne geraten schnell auf die schiefe Bahn, der älteste Bruder Paul kommt bald nach der Geburt zu einer Pflegefamilie, und nur der jüngste Bruder Hans besucht später mit Erfolg die Handelsschule und wird ehrbarer Kaufmann.Trotz dieses Hintergrundes wurden die Brüder Sass berühmt und das nicht nur durch überaus geschickt geplante und durchgeführte Beutezüge, die auf der genialen Idee beruhten, Banktresore mit Hilfe eines Schneidbrenners zu knacken. Da sie von dem erbeuteten Geld den Armen in Berlin in Robin Hood-Manier etwas abgaben, wurden sie zu Kultfiguren. Die Polizei, allen voran Kriminalsekretär Max Fabich, kommt ihnen zwar auf die Spur, aber man kann ihnen nichts nachweisen. Später, als die Nazis an die Macht kommen, fliehen sie nach Dänemark, wo sie ihr Handwerk weiter ausüben. Wegen Nichtigkeiten- wie abgelaufene ( gefälschte ) Pässe- werden sie nach Deutschland ausgeliefert und nach zwei Jahren Untersuchungshaft verurteilt und mit 36 bzw. 34 Jahren hingerichtet.
Rezension: Der Roman ist kurzweilig geschrieben, geschmückt mit Milieuschilderungen des damaligen Berlins. Erfrischend auch die immer wieder eingeflochtene Berliner Mundart. Die Familie wächst dem Leser ans Herz und man fiebert mit bei den akribischen Vorbereitungen der Beutezüge. Über weite Passagen lässt der Autor den Leser teilhaben an den logischen und zielgerichteten Planungen der Brüder, und man erkennt die praktische Intelligenz der beiden. Sie sind der Polizei haushoch überlegen und vergackeiern sie, z.B. durch den genialen Coup, mit Hilfe der abgetrennten Hand eines Toten irreführende Fingerabdrücke zu hinterlassen. Dass die Brüder niemanden verletzen und gegenüber der Polizei nicht kuschen sondern souverän argumentieren, macht sie nur noch sympathischer. Das alles liest sich sehr vergnüglich. Eher berührend und mitfühlend wird es, als der Autor die brüderlichen Gedanken nach dem Scheitern einiger Versuche schildert. Beide sind Stehaufmännchen und handeln nach dem Prinzip: „Jetzt erst recht.“ Sie wissen, dass sie keine Alternative haben. Sie haben einander und eine logische und umsichtige Denkweise, die sie zum Überleben brauchen. Dazu kommt das “gute Herz“ und der Autor schafft es, dass der Leser bei den Schilderungen des Jahres 1940 richtig traurig über die Hinrichtungen und damit über das Ende der Geschichte ist. Der Stil ist gradlinig vordergründig, eher “dem Volk aufs Maul geschaut“, aber das ist der Geschichte durchaus angemessen. Was hätte aus den Brüdern bei einem andern familiären Hintergrund alles werden können!!
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