Nachdem ich im Februar bereits eine kurze Rezension zu diesem Buch verfasst habe, folgt jetzt eine ausführliche Rezension des Titels, wie ihn meine Freundin sieht.
Charles Lewinski – Kastelau
- Verlag: Nagel & Kimche
- Seitenzahl: 498
- Teil einer Reihe?: Nein
- Inhalt und Rezension: Der Einstieg zu Kastelau ist neugierig machend und filmreif zu dem Buch passend: Lewinsky schildert, wie ein gewisser Samuel A. Saunders im Juni 2011 auf dem Walk of Fame in Los Angeles mit einer Spitzhacke auf den Stern von Arnie Walton einschlägt und dabei von einem Polizisten angeschossen wird. Später erliegt der Randalierer seinen Schussverletzungen. Seine Hinterlassenschaft – Papiere, Notizen, Briefe, Tagebuchaufzeichnungen, Bruchstücke einer Dissertation – fügt Lewinsky zu einer authentisch wirkenden in Wahrheit aber erfundenen Geschichte in Romanform zusammen. Man erfährt, dass Samuel A. Saunders seinem Doktorvater, den früheren Nazi-Filmstar und späteren Hollywoodstar Arnie Walton auf die Schliche kommt, dessen Vorgeschichte aufdeckt und auch noch auf einen mutmaßlich von ihm verübten Mord stößt. Die Vorgeschichte Arnie Waltons, als UFA-Schauspieler zur Nazizeit noch Walter Arnold, entsteht aus verschiedenen Fragmenten aus Sanders Nachlass, die aneinandergereiht allmählich eine für den Leser schlüssige Abfolge von Ereignissen der damaligen Zeit ergibt, geschildert aus unterschiedlichen Perspektiven der damaligen Beteiligten. Eine Filmcrew der UFA verlagert illigalerweise ihren Drehort von Berlin-Babelsberg nach Kastellan, einem abgelegenen Bergdorf bei Berchtesgaden, um dem drohenden Untergang der Reichshauptstadt zu entkommen, und um in jedem Dorf den Durchhalte-Film „Lied der Freiheit“ zu drehen. Tatsächlich aber geht es aber mehr und mehr nicht darum einen Propagandafilm zu drehen, sondern um den Schein einer kriegswichtigen Produktion aufrecht zu erhalten. Die Ereignisse verdichten sich bis hin zu einem offensichtlichen aber nicht nachzuweisenden Mord, der der Schauspieler Arnie Walton begeht, und dem der Protagonist Saunders bei der Recherche zu seiner Doktorarbeit über Filme der 20-iger und 30-iger Jahre in Deutschland aufdeckt.
Anfänglich verwirrt dasBuch durch eine Vielfalt von technischen Hilfsmitteln wie Einstiegs-Szene, Vorbemerkung, Fußnoten, Querverweise, Anhänge, Wikipedia-Einträge – aber wenn man erstmal den Aufbau verstanden hat, entsteht eine chronologisch und inhaltlich verständliche Folge von höchst dramatischen Ereignissen. Der Roman beruht auf einem historischen Ereignis, das zeitkritisch betrachtet wird. Trotz Neugier und Faszination springt aber der Funke nicht über: Die Figuren bleiben häufig flüchtig skizziert, blass und trotz der dramatischen Ereignisse blutleer. Einzig die Figur der Tiziano Adam – eine Kneipenwirtin, die die damalige Zeit als Schauspielerin der 2. Liga mit erlebt hat, erscheint authentisch, spannend und neugierig machend. - Bewertung: