Rezension: Die verletzte Tochter

Jeanette Hagen –  Die verletzte Tochter. Wie Vaterentbehrung das Leben prägt

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  • Verlag: Scorpio Verlag
  • Seitenzahl: 239
  • Teil einer Reihe?: Nein
  • Inhalt: Das Buch ist ein sehr persönliches Sachbuch, geschrieben in der Ich-Form, da die Autorin selbst betroffen ist. Sie erzählt ihre Geschichte stellvertretend für viele, die das Schicksal „fehlender Vater“ mit sich herumtragen. Zusätzlich liefert sie eine Fülle wissenschaftlicher Erkenntnisse zum besseren Verständnis der Problematik auch für Nichtbetroffene. Jeanette Hagen erklärt ihr Vorgehen so: „Die kursiv gedruckten Passagen am Anfang der Kapital erzählen nach und nach meinen Weg, damit bringe ich viel Privates in die Öffentlichkeit, was für ein Sachbuch, in dem es gemeinhin um das Wir und nicht um das Ich geht, eher ungewohnt sein mag. Aber ich bin überzeugt, das das Begreifen einer gesellschaftlichen Situation über das Verstehen des Individuums geht.“ Vaterentbehrung ist sicher für alle Betroffenen ein komplexes Leben und Leiden und die Autorin vermerkt, dass die Auswirkungen für Jungen und Mädchen teils ähnliche, aber auch unterschiedliche Auswirkungen hat. Ihr Schwerpunkt in dem Buch liegt auf den Folgen, die es für Töchter hat, wenn der Vater sich abwendet. Nach jeder Schilderung eines eigenen Entwicklungsschrittes beleuchtet sie diesen wissenschaftlich, angereichert mit Zitaten von Psychoanalytikern und Betroffen.
  • Rezension: Es ist nicht ganz leicht, das Buch zu bewerten, wenn man nicht das gleiche Schicksal teilt. Berührend und informativ ist es auf jeden Fall. Ich kann mir vorstellen, dass die Zweigleisigkeit der Autorin eine hohe Identifikationsmöglichkeit bietet und viele Betroffene sich total wiederfinden in den Texten und auch Neues erfahren, wie man sich aus den eigenen Verstrickungen lösen kann. Insofern ist es ein sehr persönliches aber auch nützliches Buch, das sich mit einem Thema befasst, das in unserer Gesellschaft häufig vorkommt und sicher andere Aspekte hat, als die Vaterlosigkeit der Kriegsgenerationen. Der Stil der Autorin ist angenehm sachlich und verständlich im wissenschaftlichen Teil und berührend emotional ohne melancholisch zu werden im autobiografischen Teil. Ihre Bewältigungsstrategien haben auch gestalttherapeutische Sitzungen in der Gruppe oder allein mit eingeschlossen. Sie arbeitet sich Schickt für Schicht zurück zum Ich, heraus aus der Opferrolle. Das Ganze ist sehr überzeugend geschildert und macht (hoffentlich) anderen Betroffenen Mut, sich auch auf die Suche nach dem eigenen Ich zu machen, um bei einem Bedingungslosen „Ja“ zu sich selbst zu landen, auch wem der Vater, von dem sich das alle Kinder wünschen, dieses „Ja“ nie vermitteln konnten.
  • Bewertung: 5 Sterne
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Über Zorro

Ich heiße Angelika Zörnig, bin Jahrgang 1948 und liebe Bücher und "Mon Cherie". Diese Kombination ist unschlagbar, besonders wenn es sich um Biografien, Familienromane, Psychodramen, Kurzgeschichten, Novellen und Lyrik handelt. Ansonsten gehe ich leidenschaftlich gern ins Theater und ins Kino oder beschäftige mich mit Märchenerzählen. Ich arbeite als Honorarkraft an einer Hamburger Grundschule. In dieser schönsten Stadt der Welt bin ich auch geboren und habe den größten Teil meines Lebens dort verbracht. Die Rezensionen werden von Stephi abgetippt.

2 Gedanken zu „Rezension: Die verletzte Tochter

  1. Liebe Stephi,

    da lese ich mal deine Rezension zum Buch, das ich auch erst vor Kurzem rezensiert habe und lese, dass wir neben dem Buch noch eine weitere Gemeinsamkeit haben. Wie du bin auch ich an einer Grundschule tätig und liebe Bücher :-)
    Davon kann man nie genug haben und so den Schülern als lesendes Vorbild dienen…

    Viele Grüße
    Yvonne

    • Hallo Yvonne,

      danke für dein Feedback. Ich finde auch, dass Lesen einfach wundervoll ist und meine Kids finden das auch. Sie lieben es, wenn man Ihnen vorliest und beginnen auch schon selbst zu lesen…

      Stephi

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