Rezension: Der Mantel

Stephan Goetz – Der Mantel

Mantel

  • Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
  • Seitenzahl: 254
  • Teil einer Reihe?: Nein
  • Inhalt: Ulrich Schmidt, die Hauptfigur des Romans, ist Rechtsanwalt aus Ratlosigkeit mit einer eigenen eher mittelmäßig laufenden Kanzlei. Ebenso mittelmäßig und ereignislos verlaufen sein kinderlos gebliebene Ehe und der Rest seines Lebens, da er sich stark von Emotionen distanziert und Probleme lieber beharrlich aussitzt anstatt sie anzupacken. Das ändert sich, als er ungewollt Besitzer eines kleinen indischen Hundes wird und zeitgleich verstörende Enthüllungen über seine Vergangenheit zutage kommen, mit denen er sich gefühlsmäßig auseinandersetzen muss, was ihn dazu zwingt, aus der Betrachterperspektive in die Rolle des Reagierenden zu wechseln.
  • Rezension: Die Handlung des Romans erstreckt sich über einen Zeitraum von 10 Jahren – die Jahre, die das Leben von Ulrich Schmidt strak verändert haben. Weniger äußerlich als vielmehr innerlich, beginnend mit einer eigentlich ungewollten Beziehung zu einem jungen Hund namens Shiva, der ihm von einem ehemaligen Freund regelrecht aufgedrängt wird und der in ihm ungeahnte Gefühle freisetzt. Kurze Gegenwartshandlungen wechseln mit langen Schilderungen aus der Vergangenheit ab, die den Leser zunehmend in den Bann ziehen, wird er doch Zeuge einer erstaunlichen emotionalen Öffnung und einer schonungslosen Auseinandersetzung mit eigenen Bedürfnissen. Am Ende ist Schmidt bereit Risiken einzugehen und somit auch Schmerz und Enttäuschung in Kauf zu nehmen. Das alles ist vielschichtig und nachvollziehbar geschildert. Die Geschichte ist retrospektiv erzählt und beginnt mit dem Ausheben eines Grabes für einen Hund irgendwo am Ufer der Isar. Das macht neugierig. Es folgen abwechselnd die schon erwähnten langen Passagen über Schmidts Leben und kurze Schilderungen seiner mühseligen Grabungen, begleitet von inneren Monologen. Dieses Stilmittel hält die Spannung aufrecht, da äußerlich sonst nicht viel passiert und dem Leser hier eine kleine Verschnaufpause gegönnt wird. Die Sprache des Romans ist erfrischend anspruchsvoll und erhellt dem Leser nicht nur Schmidts Leben, sondern regt auch zum Überdenken eigener Lebensbaustellen an. Fazit: Unbedingt lesenswert! Vielen Dank an den Verlag Frankfurter Verlagsanstalt, der mir dieses Buch freundlicherweise als Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt hat.
  • Bewertung: 5 Sterne
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Gastrezensionen, Rezensionen 2014 und verschlagwortet mit von Zorro. Permanenter Link zum Eintrag.

Über Zorro

Ich heiße Angelika Zörnig, bin Jahrgang 1948 und liebe Bücher und "Mon Cherie". Diese Kombination ist unschlagbar, besonders wenn es sich um Biografien, Familienromane, Psychodramen, Kurzgeschichten, Novellen und Lyrik handelt. Ansonsten gehe ich leidenschaftlich gern ins Theater und ins Kino oder beschäftige mich mit Märchenerzählen. Ich arbeite als Honorarkraft an einer Hamburger Grundschule. In dieser schönsten Stadt der Welt bin ich auch geboren und habe den größten Teil meines Lebens dort verbracht. Die Rezensionen werden von Stephi abgetippt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert