Rezension: Jägerstätter

Sandra Regnier – Die Stunde der Lilie

Jägerstätter

  • Verlag: Haymon Verlag
  • Seitenzahl: 103
  • Teil einer Reihe?: Nein
  • Inhalt: Das Theaterstück befasst sich mit dem Leben des Felix Jägerstätten, ein Österreicher wie der Autor, Landwirt, Katholik, dessen Leben 1943 durch das Fallbeil der Nazis ausgelöscht wurde, da er den Wehrdienst verweigert hatte. Franz Jägerstätten war durchaus kein Heiliger, er war lebenslustig, hatte eine uneheliche Tochter, war in Schlägereien verwickelt und fuhr das erste Motorrad im Dorf. Atemlos verfolgt der Leser die Entwicklung von Franz, der mit seiner Frau Franziska und den drei Töchtern als fröhlicher Abenteurer in seinem Dorf lebt bis hinzu zu einem gewissenhaften Menschen, der den Kriegsdienst verweigert, wohl wissend, dass darauf der Tod steht.
  • Rezension: 31 eher knappe Szenen zeichnen das kurze Leben des Franz (er wurde nur 36 Jahre alt) nach. Als Stilmittel hat der Autor das Element „Chor“ eingeführt, der die Geschehnisse wiederholt und kommentiert. Schon auf den ersten Seiten wird Franz sehr lebendig und überaus liebenswerten seiner Fürsorge und Aufrichtigkeit. Schon jetzt widersetzt er sich den „moralischen“ Forderungen einer engen Dorfgemeinschaft und heiratet die Mutter seiner unehelichen Tochter nicht, weil er nur jemanden heiraten möchte, den er „ganz und gar, auch das Inwendige mag, eine Frau, bei der ihm das Herz aufgeht, wenn er sie sieht und bei der er fühlt, dass er nur ganz ist, wenn sie beisammen sind.“ Trotzdem sorgt er für seine Tochter und möchte sie am liebsten später zu sich nehmen, als er mit seiner Liebe Franziska, mit der er drei Töchter hat, auf dem Hof glücklich ist. Die Liebesgeschichte zwischen Franz und Franziska ist eine sehr anrührende. Franz muss sich nach seiner Entscheidung vorwerfen lassen, seine Familie im Stich gelassen zu haben und auch Franziska versucht zunächst ihren Mann umzustimmen. Aber sie schafft es nichtkund hält zu ihm, das er sonst ganz allein dagestanden hätte. Franziska ist übrigens 100 Jahre alt geworden und auf den dem Buch beigefügten Fotos sieht man eine unendliche, gütige Frau. Franz Geschichte ist eine faszinierende und man würde sich wünschen selbst Gewissensfrage auch so konsequent zu durchleuchten. (Hoffentlich niemals bis zum Ende.) So steht Franz exemplarisch für Menschen, sie ihr Gewissen ernst nehmen und sich nicht beirren lassen. Obwohl ihm verschiedene Brücken gebaut werden, seine Verweigerung zurückzuziehen – und der Leser geneigt ist zu sagen: tu es doch, deiner Frau und deinen Kindern zuliebe – bleibt für ihn klar: Nein, ich kann es nicht, nicht für diese Verbrecher. Ein mutiges Wort, das bei vielen und besonders bei der katholischen Kirche auf Unverständnis traf Deshalb wurde Franz auch erst 2007 unter Anerkennung seiner Gewissensgründe selig gesprochen. Eine absolut faszinierende Biografie. Vielen Dank an das Team vom Haymon Verlag, der mir dieses Buch freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.
  • Bewertung: 5 Sterne
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Über Zorro

Ich heiße Angelika Zörnig, bin Jahrgang 1948 und liebe Bücher und "Mon Cherie". Diese Kombination ist unschlagbar, besonders wenn es sich um Biografien, Familienromane, Psychodramen, Kurzgeschichten, Novellen und Lyrik handelt. Ansonsten gehe ich leidenschaftlich gern ins Theater und ins Kino oder beschäftige mich mit Märchenerzählen. Ich arbeite als Honorarkraft an einer Hamburger Grundschule. In dieser schönsten Stadt der Welt bin ich auch geboren und habe den größten Teil meines Lebens dort verbracht. Die Rezensionen werden von Stephi abgetippt.

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