BetinaBalak – Kaiser,Krieger, Heldinnen. Exkursionen die Gegenwart und Zukunft
- Verlag: Haymon
- Teil einer Reihe: Nein
- Seitenzahl: 192
- Inhalt: Das Buch beschäftigt sich mit der spannenden Frage, wo und wie die Vergangenheit in die Gegenwart hineinwirkt und wo das Private zum Politischen wird. Am Ende des ersten Weltkrieges wird in Österreich die Republik ausgerufen und es beginnt1918 ein neues Zeitalter für Österreich, aber auch für ganz Europa. Das Buch ist in sechs Essays unterteilt, von denen jeder seinen eigenen Schwerpunkt hat. Den größten Raum nimmt der Essay: Heldinnen ein, in dem sie Autorin sehr präzise und gut durchdacht über den Umsturz der Rollenbilder schreibt und Spannendes berichtet, oft mit autobiografischen Elementen angereichert. Ein starker Text, der sich mit verschiedenen Frauenbiografien beschäftigt- bekannte oder weniger bekannte. Weitere Episoden berichten über den Habsburger Mythos, Spione in der Steiermark und Trachtentraditionen.
- Rezension: Unterhaltsam, gut recherchiert und klug argumentiert – der Essayband ist höchst empfehlenswert und sollte gerade heute gelesen werden, angesichts von „Me too“ Debatte – damals schon ein Thema mit anderem Titel und anderer Herangehensweise- und der zunehmenden Spaßkultur, die auch nicht haltmacht vor Events, die die Kriegserfahrungen nachstellen. Es geht in dem Buch nicht nur um einhundert Jahre österreichische Frauengeschichte, aber gerade dieser Teil ist für mich der spannendste und stärkste. Besonders gefallen hat mir in diesem Zusammenhang auch die Aussage der Autorin, dass die jungen Frauen der Gegenwart überzeugt sind, dass sie niemals Selbstzweifel gehabt hätten oder sich hätten etwas gefallen lassen. Wie mühevoll die Wege geebnet wurden, auf denen sie heute schreiten, machen sie sich oft nicht klar oder es ist kaum vorstellbar für sie. Mutig fand ich auch die Aussage der Autorin, dass sie bei der geschilderten Anfangsszene selber unsicher über ihre eigene Einstellung wurde: Der Bus, in dem sie sitzt, fährt nicht los, die Fahrerin versucht alles, doch der Motor streikt. Die Fahrgäste bestätigen sich gegenseitig, ( Es ist das Jahr 1992!, das erste Jahr, in dem Frauen als Busfahrerinnen zugelassen wurden) dass Frauen eben doch nicht… usw. Auch die Autorin verliert sich kurz in diese Gedanken , registriert es und macht es öffentlich. Das finde ich großartig. Ebenso die scharfsichtige Analyse, dass auch die Frauen der Vorderfront, die ihre emanzipatorischen Wünsche und Ziele verfolgen, einen blinden Fleck haben, was die Arbeitsverteilung anbelangt. Auch sie kommen nicht aus, ohne aus dem kostengünstigen Pool an Dienstleisterinnen aus ärmeren Nationen zu rekrutieren, um Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen zu gewährleisten.
Fazit: Ein überaus unterhaltsames Geschichtsbuch, das noch gewonnen hätte, wenn die zahlreichen englischen Zitate auch übersetzt und die sehr speziellen Fachausdrücke in einem Glossar erläutert worden wären - Bewertung: bis
Quelle des Bildes:https://www.haymonverlag.at/buecher/3424/kaiser-krieger-heldinnen/