Heidi Rehn – Tanz des Vergessens
- Verlag: Knauer
- Seitenzahl: 560 inkl. eines umfangreichen, sehr informativen Glossars.
- Teil einer Reihe?: Nein
- Inhalt: Viele Jahre hat Lou sich selbst erlaubt in den Armen anderer Vergessen zu finden. Nach dem tragischen Tod ihres Verlobten Curd, am dem sie sich eine Mitschuld gibt, versucht die junge Täschnerin Lou im München der Nachkriegsjahre des 1. Weltkrieges ihren Schmerz zu betäuben, indem sie sich mit Freunden und Freundinnen in das Leben zu stürzen. Um dieses Leben finanzieren zu können, geht sie eine Beziehung zu einem reichen, verheirateten Geschäftsmann ein, der sie jedoch fallen lässt, als er sich verspekuliert. Tief enttäuscht und mit der Ahnung geliebten Menschen Unglück zu bringen, bricht sie ihre Zelte in München ab, wo sich bereits der braune Mob der Hitler-Anhänger an den Juden vergeht. Sie geht nach Berlin, wohin ihre ehemals besten Freunde Max und Judith sich bereits geflüchtet haben. Auch hier gibt sich Lou exzessiv dem Vergessen durch Tanz und neue Bekanntschaften hin, ohne jedoch wirklich neues Glück zu empfinden. Obwohl ihr der berufliche Neuanfang bestens gelingt, verliert sie in den Zerstreuungen der Berliner Schein- und Vergnügungswelt, bis die Ereignisse über ihr zusammenschlagen.
- Rezension: „Tanz des Vergessens“ ist die Geschichte einer reizenden Protagonistin, die ihr Innenleben vor dem Leser ausbreitet, ohne jedoch allzu sehr in die Tiefe zu gehen. Zu vorhersehbar ist die Entwicklung, der Ausgang und die Wege dahin. Vieles – vor allem die politische Entwicklung – findet nur am Rande Erwähnung und dient hauptsächlich dazu, die Charaktere ein wenig auszuschmücken. Trotzdem bleiben sie oberflächlich. Lesbische Liebe, Drogenmissbrauch, Verrat, Korruption und schwierige Vater-Sohn-Konflikte plätschern genauso seicht vor sich hin, wie die Liebe und das Verlangen von Lou. Dennoch wird das Flair der damaligen Zeit – man wollte den Schrecken und die Schmach des 1. Weltkrieges vergessen – ziemlich authentisch wiedergegeben. Man stürzte sich ins Vergnügen, wenn man die Mittel dazu besaß, und hofierte einen gewissen Hitler, um sich mit seiner Bekanntheit zu brüsten. Das Ganze liest sich ziemlich schnell und nur mäßig unterhaltsam wegen der schon erwähnten Oberflächlichkeit und Vorhersehbarkeit. Eine seichte Lektüre für Strand und nervige Bahnfahrten, auch immer wieder gekrönt durch Plattitüden wie z.B. „Wahres Glück erlebt man immer nur durch wahres Unglück.“
- Bewertung: