Volker Kitz – Ich bin, was ich darf
- Verlag: Knaur
- Seitenzahl: 272
- Teil einer Reihe?: Nein
- Inhalt & Rezension: In seinem neuen Buch: „Ich bin, was ich darf“ hat der bekannte Wissenschaftler Volker Kitz wieder einen Volltreffer gelandet. Er erklärt auf sehr spannende und überaus vergnügliche Weise wie Recht und Gerechtigkeit funktionieren und das geschieht so anschaulich, dass auch der Nichtjurist die Gesetzgebung versteht, intelligente Belehrung über Gesellschaftspolitik inbegriffen.
Schon die Widmung an die Mutter des Autors macht neugierig: „Meiner Mutter, die an einem Fall in diesem Buch beteiligt war. Sie hat gezeigt, das wir die Welt verändern können.“ Man möchte sofort loslegen und herausbekommen, um welchen der authentischen und wahren Fälle es sich wohl handeln könnte. Die Widmung zeigt auch, dass der Autor nicht nur theoretische Paragraphen-Reiterei betreiben wird, sondern sich mit dem Menschen beschäftigt, für den „Gerechtigkeit ins Recht“ kommen soll. Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt, die sich mit Bevormundung, Selbstbestimmung, Freiheit, Familie, Strafe und Wert des Lebens befassen. Abgerundet werden diese Erörterungen durch eine sehr persönliche und neugierig machende Einleitung und einen umfangreichen Anhang, der den Leser in die Lage versetzt, die Fälle nachzuspüren und sich mit „Mehrwissen“ zu bereichern.
Eigentlich ist in der Einleitung schon alles angedeutet, was in dem Buch zu finden ist. Der Autor erinnert sich in einer Prüfungssituation an die juristische Leitthese, die ihn während des Studiums eingebläut wurde: Die einzig richtige Antwort gibt es nicht. Es kommt darauf an, Argumente für beide Seiten zu erkennen. Der Prüfling handelt danach und scheitert trotzdem, seine Arbeit wurde korrigiert mit der Frage: Wie entscheidet sich der Verfasser? Er wird von seinem Professor belehrt, dass ein Philosoph über einen Fall nachdenken kann, bis er die Wahrheit gefunden hat, er darf auch die Frage offen lassen. Aber ein Richter muss über ein menschliches Schicksal entscheiden, hier und jetzt. Das Recht kann keine Fragen offen lassen. Das Ganze ist so stimmig verpackt, das man das Gefühl hat, so habe man auch schon oft gedacht, aber keine Lösung gefunden. Wie der Rechtsstaat Lösungen findet und keine Entscheidung offenlägest erfahren wir aus dem Buch. Wie schon erwähnt: spannend und sehr informativ. Haben wir uns nicht auch schon oft gefragt, wo die Grenzen der Individualität sind, wo Gemeinwohl und damit Unterordnung anfängt, was gerecht ist und was der Einzelne dazu beitragen kann und wie wir Veränderungen erstreiten können? Der Autor wünscht uns viel Spaß beim Erspüren der Macht und den hat man! Es ist müßig, die einzelnen Kapitel darzustellen. Wie bereits erwähnt, kann man sie unter so vielen Gesichtspunkten lesen, wie man Stimmungen hat: philosophisch, juristisch, individuell, persönlich betroffen… immer bieten die Fälle alles für die verschiedenen Aspekte und regen zu vielfältigen Betrachten an. Aber auch Fragen werden angeregt und der Leser kann sich z.B. Gedanken machen, wie frei man eigentlich in einem freien Land sein kann, und mit welchen Vorraussetzungen darf der Staat Handlungsfreiheit einschränken? Betrachtet die Rechtssprechung die Intention einer Handlung oder das Ergebnis? Und wie steht es mit dem Grundsatz: Gnade vor Recht? Begnadigung geschieht nach Ermessen, es gibt keine geregelten Voraussetzungen. Und wie ist es mit dem Recht auf Religionsfreiheit, wenn eine Religion erlaubt Frauen zu schlagen? Darf der Staat mir den Rausch verbieten, wenn es mir dabei gut geht? Fragen über Fragen , zu denen das Buch eine gute Diskussionsgrundlage bietet. Gleichzeitig sollte man auch im Kopf behalten, dass die Gesetzte von Menschen gemacht, ausgelegt und angewendet werden, deren Geisteshaltung nicht immer kontrollierbar ist. - Bewertung: